Samstag, 19. September 2009

Ui, schon wieder Presse

Astrid Biesemeier in der



"Das Leben bittet zum Totentanz

Tim Egloff von den Frankfurter «Landungsbrücken» gelingt mit Horváths «Glaube Liebe Hoffnung» eine eindrucksvolle und berührende Inszenierung.

Die Zeiten sind schlecht. Aber mit Glaube, Liebe, Hoffnung müsste es bei Arbeit, Leben, Liebe doch klappen. Oder nicht? Bei Ödön von Horváth lautet die Antwort: nein.
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Die junge Elisabeth will aus finanzieller Not ihren Körper an die Anatomie verkaufen, versucht ihr Glück mit der Selbständigkeit, landet wegen einer Kleinigkeit im Gefängnis, lernt, als sie wieder frei ist, einen Polizisten kennen, der sie verlässt, als er von ihrer Vorstrafe hört. Elisabeth ist verzweifelt und geht ins Wasser. Die Parallelen zum Heute sind so unübersehbar, dass Regisseur Tim Egloff nicht aktualisiert hat. Drei stufenförmig ansteigende Tribünen machen von Anfang an sichtbar, dass Elisabeth immer etwas unterhalb der Gesellschaft bleiben wird. Ist in der ersten musikalisch unterlegten Pause zwischen den Akten bei Elisabeth noch etwas wie ein Tanz auszumachen, so zuckt sie in den zwei folgenden nur noch wie eine Marionette auf dem Weg in den «kleinen Totentanz», den Horváth seinem Stück als Untertitel mitgab.

Maja Hofmann liefert als Elisabeth ein bewegendes und berührendes Spiel. In ihren Blicken ist erst Hoffnung, dann Erstaunen, dann Irritation und schließlich eine an Wahn grenzende Verzweiflung zu lesen. Elisabeths ganze Verstörtheit drückt sie in kleinen und kleinsten Gesten aus. Sie ist hier eine sehr zarte und sehr unschuldige Frau, die sich redlich um Arbeit, Leben und Liebe bemüht und sich dennoch in den Fäden einer zynischen, rohen, kleinkarierten Gesellschaft verheddert. Lisa Hofer und Sophie Melbinger lassen im Wechsel aus chorischem Sprechen und Dialogen ein ganzes Gesellschaftspanorama entstehen.

Diese Inszenierung ist ein kleiner Theaterglücksfall."

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