Mittwoch, 16. September 2009

Sie haben Presse. Gute.



"Horváths "Glaube Liebe Hoffnung" in Frankfurt
Finale Entwertung
Von Jamal Tuschick

Sie will für sich nur das Nötigste, letztlich bloß den Anschein einer Existenz. Ihre sozialen Konturen verklumpen im Elend einer Rezession mit allgemeiner Arbeitslosigkeit. Deutlich sichtbar sind nur die Zwänge, aus denen sich die Klemme ergibt, in der Elisabeth steckt. In Tim Egloffs - die Chancen einer Aktualisierung angenehm ungenutzt lassenden - Inszenierung von Ödön von Horváths 1932 uraufgeführten Stück "Glaube Liebe Hoffnung" im Frankfurter Landungsbrücken-Theater wird das vom ersten Augenblick an zum packenden Erlebnis.

Der Körper als Pfand

Unter einem drohend schwarzen Moltonhimmel vollzieht sich Elisabeths Scheitern so akkurat wie das Tagewerk eines Uhrmachers. Es geht um die finale Entwertung eines Menschen, der von sich selbst bereits so abzusehen gelernt hat, dass er seinen Leichnam zu Lebzeiten als Pfand einzusetzen bereit ist. Das ist die Ausgangslage auf der gleißenden Bühne.

Maja Hofmann tritt da als Elisabeth ganz großartig auf - und auch die in zig Rollen aktiven Lisa Hofer und Sophie Melbinger spielen so auf den Punkt genau die Stadien der Pression durch, das man nur staunen kann.

Elisabeth kommt in ein Anatomisches Institut, um für hundertfünfzig Mark die Leiche zu verkaufen, die sie bald sein wird. Die will aber keiner haben. Gleichwohl leiht ihr der zuzeiten in der Verdopplung besonders potent wirkende Präparator die gewünschte Summe. Vorgeblich möchte Elisabeth damit einen Wandergewerbeschein erwerben, tatsächlich muss sie eine Geldstrafe begleichen. Der Schwindel fliegt auf und vergrößert die Schwierigkeiten. So kommen Elisabeth Glaube, Liebe und Hoffnung abhanden.

Am Ende sucht sie den Freitod. Bis dahin wird sie enttäuscht, auch von dem Polizisten Alfons Klostermeyer, der in dieser Inszenierung nur mit Zitaten zu identifizieren ist. Das ist ein schönes Spiel. Man vernimmt ein sadistisch grundiertes "Die Pflicht ruft" und weiß: Da spricht Alfons."

Das Original gibts hier

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