Montag, 11. Oktober 2010

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09.10.2010 - Frankfurter Neue Presse

"Keine Macht für niemand

Das Frankfurte Theater «Ladungsbrücken» brachte eine sehr freie Fassung von Georg Büchners Revolutionsdrama «Dantons Tod» zur Premiere.

Die Fäuste geballt, die Gesichter eingefroren, deklamieren drei Akteure sozialistische Parolen. Es geht um Freiheit, Umwälzung der Gesellschaft, um den «Willen. Zur. Veränderung.» So hat Regisseur Torge Kübler Büchners Stück untertitelt.

Maja Hofmann, Tim Stegemann und Björn von der Wellen spielen in dem mit sieben fächerartig arrangierten Laufstegen bestückten Raum die Rollen, sind mal Robespierre, Danton oder Mercier. Es geht in dieser gewagten Inszenierung nicht um Texttreue oder Geschichtsdokumentation. «Keine Macht für niemand» nach dem Lied der Rockrebellen «Ton, Steine, Scherben» schallt durch den Raum. Markus Denker an den Keyboards liefert den Soundtrack zur Parole und unterfüttert das Schauspiel mit einem düsteren Klang.

In Bundfaltenhosen und Poloshirts zu Springerstiefeln poltern die drei sprachlich glänzend disponierten Akteure über die Bretter und sezieren Büchners kunstvolle Sätze, sprechen dabei im Chor und einzeln. Die hervorragenden Schauspieler pflücken Passagen aus dem Geschichtsdrama um die französische Revolution, um immer wieder ins Hier und Heute zu springen, frei assoziierte Texten einzufügen. «Dantons Tod» in der Fassung des Off-Theaters im Gallusviertel ist ein virtuoses Sprach- und Textspiel. Die Dramaturgie entwirft dabei ein Licht- und Schattenspiel, das die Sinne bezirzt. «Die Revolution ist die Maske des Todes; der Tod ist die Maske der Revolution» ist ein aus dem Zusammenhang gerissener Satz, der in die Endlosschleife geschickt wird. Burt Bacharachs Schlager «Close To You» als Wunsch, alles soll gut werden, scheint auf den ersten Blick wie ein Bruch mit dem revolutionären Impetus. Am Ende wird sogar Gershwins «I Love Paris» angestimmt. Spätestens dann wird klar, dass sogar die eingefleischtesten Revoluzzer zarte Lämmer sein können. Fazit: eine beeindruckende theatrale Büchner-Variante. jsc"

© 2010 Frankfurter Neue Presse

Im Original HIER nachzulesen

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